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Ist Werbung noch Werbung und warum früher nicht alles besser war

by Carsten Kreilaus. Average Reading Time: about 3 minutes.

Im Alltag begegnet uns oft der Satz „Früher war alles besser“. Was heißt hier allerdings besser und war die vergangene Welt der Werbung tatsächlich besser? Schauen wir dazu in die Vergangenheit, um das Heute beurteilen zu können. Die Werbung der 60er und 70er zeigt uns anschaulich die Serie „Mad Men„. Die Kreativen sind die Stars und liegen ständig im Clinch mit den Beratern, es wird zu jeder Tageszeit getrunken, in den Büros wird und sowieso ständig geraucht, am Abend mit den Kunden ausgiebig gefeiert. Die klassischen Klischees, die sich bis heute hartnäckig in der landläufigen Meinung über Werber gehalten haben: das Agenturleben ist eine illustre Ansammlung von Party, Drogen und Spaß. Das Marketing die Spaßabteilung jeden Unternehmens, welche nur Geld kostet, aber nichts bringt.

Der heutige Agenturalltag sieht anders aus: Harte und lange Arbeit sind an der Tagesordnung. Gepaart mit mangelnden Kundenbriefings ohne Aussagekraft, Ansprechpartner wollen, dürfen oder können nicht, Zeit hat auf Kundenseite niemand mehr und „asap“ ist die gängige Timeline. Die Honorierung – in jedweder Form – wird kaum eingesehen und Zahlungsziel 90 Tage und mehr eher Standard als Ausnahme. Man muss schon brennen und die notwendige Leidensfähigkeit mitbringen, um diesen Alltag durchzuhalten. Was uns Mad Men nicht zeigt, vieleicht weil’s in der TV-Dramaturgie zu langweilig wäre oder tatsächlich nicht gab: Es wurde lange nicht so viel Kreativität zur Absicherung tot gestestet und das Controlling mit seiner reinen Zahlenhörigkeit scheint eher ein Phänomen der heutigen Zeit zu sein. Keine Frage: Kontrolle ist gut, aber die Zahlen sind nur eine Dimension des großen Ganzen und damit auch wiederum nur eine Entscheidungsvariable und eben nicht der Alleinherrscher. Sich Gedanken zu machen, ob eine Kampagne für die Zielgruppe Relevanz hat und damit ankommt, ist immer essentiell. Das wurde früher auch gemacht, allerdings nicht zur Absicherung der eigenen Entscheidungslosigkeit. Die „save your ass“ Taktik scheint heute weiter verbreitet zu sein als früher. Generell scheint der Wagemut der Vergangenheit höher und eine Budgetfreigabe schneller. Wenn an die Kampagne geglaubt wurde und gefiel, dann wurde sie gemacht.

Es gibt demnach Dinge aus der Werbevergangenheit, die heute sicher noch ihre Berechtigung haben und auch vermehrt wieder Einzug halten sollten. Allerdings dreht sich die Welt weiter und so auch das Werbekarussell. Dank technologischem Fortschritt und der entsprechenden Infrastruktur ist die Werbung nicht mehr nur Werbung, sondern entwickelt sich immer mehr zum Gespräch auf Augenhöhe, von Mensch zu Mensch. Zu beobachten vor allem im Internet anhand von Social Media und dem veränderten Mediakonsum, wie bspw. beim Fernsehen. Die passiven Konsumenten sterben aus. Die heutigen und umso mehr zukünftigen Generationen wollen den direkten Dialog. Gefordert von der Werbung ist eine Interaktion, eigene Beiträge und Content zuzulassen, bis hin zur Mitbestimmung und Mitproduktion der Konsumenten selbst. Da muss ein Unternehmen schon loslassen können und nicht alles kontrollieren wollen. Das funktioniert im Mitmachnetz immer weniger. Wir sind erst gestartet und die ersten Schritte in diese Zukunft gegangen. Die Werbung wird immer mehr zum multimedialen Gespräch. Wie im normalen Leben auch erhält nur derjenige Aufmerksamkeit, dessen Dialog anregend, unterhaltend, spannend, überraschend ist und unser Interesse weckt. Aufmerksamkeit sowieso nur dann, wenn wir überhaupt reden wollen.

Die Werbung der Zukunft ist ein Mix aus Geschichte – und ich meine nicht Rauchen oder den ganzen Tag trinken – sowie Zuhören und die Gabe sich gut mit anderen zu unterhalten. Spitzer formuliert: wieder mehr Wagemut in der Werbung zeigen, dem Bauch öfter zu Wort kommen lassen und in den echten, zwischenmenschlichen Dialog treten, ohne den platten Deckmantel der „Verbraucherinformation“ überzuhängen!

In diesem meinem Sinne, bis nächsten Sonntag.

PS: Mad Men Season 1, 2 und 3 sind klasse. Bin schon gespannt auf Season 4.

2 comments on ‘Ist Werbung noch Werbung und warum früher nicht alles besser war’

  1. Eike sagt:

    Gefaellt mir, dass hier oft gepostet wird.

  2. Kurt sagt:

    Bemerkenswerter Artikel. Würde gern mehr Posts zu der Thematik lesen. Freu mich auf die naechsten Posts.

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