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Verkehrte Arbeitswelt

by Carsten Kreilaus. Average Reading Time: almost 3 minutes.

Was nicht passend ist, wird passend gemacht. Das ist immer noch deutsche Leitkultur, wenn es um die Arbeit geht. Leider passt sich aber die Arbeit nicht unseren individuellen Bedürfnissen an, sondern wir müssen uns der Arbeit unterordnen. Sehr paternalistisch, dieses Bild von den Mitarbeitern. Wo bleibt die Selbstbestimmung, die Unabhängigkeit?

Die meisten von uns – müssen – montags bis freitags einer Arbeit nachgehen und ordnen sich den vorgegebenen Bedingungen unter. Arbeitsbeginn und Feierabend, Mittagspause sind für uns festgelegt.  Es gibt immer noch die unumstößliche Doktrin, dass die Arbeit am Arbeitsplatz stattfinden muss. Trotz immer mehr Berichten über flexiblere Arbeitsmodelle, sieht der Alltag in der Regel anders aus. Die individuelle Lebenslage jedes Einzelnen bleibt unberücksichtigt. Dabei scheint es wesentlich produktiver fürs Unternehmen und den Erfolg zu sein, wenn wir flexibler arbeiten könnten. Was nützt dem Unternehmen  die physische Anwesenheit eines notorischen Langschläfers früh morgens? Soll er doch später beginnen und dafür dann länger arbeiten. Oder die Mutter, die sich oft um ihr Kind, ihre Kinder kümmern muss. Sie ist sicher dankbar für mehr Flexibilität in der Arbeitszeiteinteilung. Die Motivation und Loyalität wird steigen, die Arbeitsleistung und das -ergebnis sich verbessern. Auch die technischen Voraussetzungen sind dafür gegeben. Dank Smartphone, iPad, mobilem Internet und Co. können wir von sonstwo arbeiten. Die persönliche Anwesenheit ist nicht immer zwingend erforderlich.

So ließe sich die Frei- und Arbeitszeit – oder neumodisch der work life balance – besser unter einen Hut bringen. Alleine die Unterscheidung von Arbeit und Freizeit ist mir ein Greuel. Das Wort Freizeit sagt mir, dass mir Freiraum gegeben wird, ungebunden mit meiner Zeit umzugehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies für die Arbeit das Gegenteil: ich bin nicht frei in meiner Zeiteinteilung. Bitte, ich möchte doch selbst bestimmen und auch frei in der Arbeit sein, oder Ihr etwa nicht? Schliesslich verbringen wir einen Großteil unserer Zeit in der Arbeit, da sollte der Spaß daran gegeben bleiben. Erwähnt hatte ich schon, dass Anwesenheit allzu oft noch mit Arbeitsleistung gleich gesetzt wird. Für mich etwas antiquiert in der Denke. Ebenso wie die Führung durch Zahlen und absolute Kontrolle. Ich vermisse die Anleitung durch Vertrauen und damit die Förderung der Eigenverantwortung der Mitarbeiter. Der Erfolg des Geschäftes hängt doch von den Menschen ab, nicht vom Produkt. Das motiviert die Mitarbeiter, die sich beweisen wollen. Diese Kultur vieler kleiner Unternehmer im Unternehmen schafft Loyalität und Identifikation mit der Firma. Die Mitarbeiter handeln doch ganz anders, wenn sie das Gefühl bekommen, es sei ihr Laden.

Woher kommt der Drang nach Selbstbestimmung? Die gesellschaftliche Entwicklung bietet uns immer mehr Freiräume. Wir leben in Deutschland in einer Wohlstandsgesellschaft und wachsen oft wohl behütet auf. Dadurch und  durch die heutige liberalistische Erziehung, bekommen wir eine vielspurige Autobahn mit vielen Abzweigungen geboten. Kein Wunder also, dass wir das in allen Lebensbereichen haben wollen, eben auch in der Arbeit.

Die Devise ist, durch eigenes Handeln unser Leben zu gestalten, sonst wird es für uns gestaltet. Das Leben erfährt durch das selbstbestimmte Handeln sicher eine Aufwertung. Beruhigend, dass es einige Unternehmen gibt, die damit sehr erfolgreich sind. Die Semco-Gruppe ist ein fantastisches Beispiel dafür. Wir brauchen Menschen, die kritisch mitdenken, mitentscheiden und mitverantworten, wie Willy Brandt es 1969 in seiner Regierungserklärung formuliert hat. Seine Forderung ist immer noch nicht erfüllt, weder in der Gesellschaft, noch in der Arbeit.

In diesem meinem Sinne, bis nächsten Sonntag.

3 comments on ‘Verkehrte Arbeitswelt’

  1. Kreilaus sagt:

    Die Glücksökonomie: Warum Glück und Zufriedenheit in der Arbeitswelt immer wichtiger werden, von Luca Caracciolo: http://t3n.de/magazin/glueck-zufriedenheit-arbeitswelt-immer-wichtiger-werden-236708/

  2. Carsten sagt:

    Microsoft, die besondere Arbeitskultur: http://www.zeit.de/2011/46/Microsoft-Arbeitsbedingungen
    Hoffnung!

  3. Carsten sagt:

    heute aufschlussreiche Infografiken gesehen zur Bedeutung des Internets für Studenten und Young Professionals sowie deren Haltung zur Arbeitswelt: 70% der von Cisco Befragten halten nichts von Büroanwesenheiten!
    http://t3n.de/news/ende-burojobs-talente-wollen-flexibel-infografik-341775/

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