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TV Einschaltquoten – die Suche nach dem heiligen Gral

by Carsten Kreilaus. Average Reading Time: about 5 minutes.

Während die Christen noch dem heiligen Gral – der Suche nach ewigem Leben und Glückseligkeit – hinterherjagen, haben die Fernsehsender und Werbetreibende diesen Kelch längst gefunden: die Einschaltquote. Um diese Währung dreht sich alles im TV-Geschäft. Sie ist die bare Münze, denn nur Bares ist Wahres. Und daher ist die Quote der alleinige Entscheider. Je mehr Zuschauer ein Format sehen, desto besser das Programm, desto teurer der Werbeplatz. Das ist Fakt. Lässt besser – gleich viele Zuschauer – den Rückschluss auf die Qualität des Formats zu oder ist die Quote eine überschätzte statistische Größe?

Zunächst zur Erhebung der Einschaltquote. Die GfK ermittelt den Fernsehkonsum anhand von rund 5.000 selektierten Haushalten und rechnet diesen auf die Grundgesamtheit hoch. Die teilnehmenden Haushalte sind repräsentativ ausgesucht, wie, das ist bei der GfK ein sicher gehütetes Geheimnis. Die GfK führt die kontinuierliche Zuschauerforschung exklusiv im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) – einem Zusammenschluss der großen öffentlich-rechtlichen Senderfamilien sowie der Privaten ProSieben Sat.1 und RTL Deutschland – durch. Nach eigener Auskunft besitzt sie keinerlei Rechte zur Weitergabe von Daten aus dem Fernsehpanel. Sie verweist bei Anfrage auf die AGF. Soweit, so gut und gut zu wissen. Fehlanzeige allerdings bei der direkten Anfrage an die AGF zur Zusammensetzung der Haushalte. Die GfK als weltgrößtes Marktforschungsinstitut verfügt über ein ausgezeichnetes Image, die Methodik ist aus Marktforschungssicht sauber und auf hohem Niveau. Damit sieht die Quote nach einem wahrscheinlichen Indikator aus, der tendenziell die Wahrheit spricht. Frage ist nur wessen? Mithilfe der Quote wird die Werbesekunde preislich taxiert. Sie dient als Tauschmittel gegen Bares. In einer vom Controlling dominierten Welt zählen die Zahlen, Daten und Fakten. Nicht falsch, vorausgesetzt alles lässt sich berechnen. Die bloße Vermessung der Welt dient dem Einordnen. Will man sie verstehen, reicht die Zählerei von dem, was man ohnehin schon kennt nicht. Für den Werber, der am Ende die Rechnungen bezahlt, ist die Quoten-Blackbox zuschauender Haushalte der wichtigste Faktor. Für ein erfolgreiches Marketing, welches verkauft, muss der Werbetreibende seine Zielgruppe kennen. Wie soll er feststellen, ob die Einstellungen, das Verhalten und deren Gewohnheiten seiner Zielgruppe entspricht? Die Rechnung wird ohne den Wirt gemacht. Die Werbetreibende kaufen Werbeplätze, in der Hoffnung den richtigen Zuschauer zu treffen, denjenigen bei dem sie Aufmerksamkeit, Interesse wecken und einen Kaufwunsch auslösen wollen. Dann hat sich das Werbebudget bezahlt gemacht. Je höher die Reichweite, desto besser, aber desto teurer der Einkauf. Die Quote und der damit korrilierende Preisfaktor sagen über die Qualität des Formats wenig aus. Und mehr Zuschauer, heißt für den Werbetreibenden nicht zwingend besser. Die Quote ist eine rein quantitative Messgröße, anhand derer die Werbe- und Mediaplanung, wie auch die Programm-Planung der Sender entschieden wird. Und wer versichert dem Werbetreibenden, dass der Konsum der Haushalte tatsächlich den gemeldeten Messungen entspricht. Nach Karneval, Sylvester und an so manch lauen Sommertagen schleicht sich vielleicht der Schlendrian ein. Ob das An- und Abmelde-Knöpfchen immer ordnungsgemäß gedrückt wird, entscheidet nicht die GfK. Der Mensch ist bequem und in der Benutzung der Technik nicht immer ein Held. Der gesellschaftliche Trend Bewegtbild und TV-Formate zu streamen oder auf mobilen Endgeräten anzuschauen, verfälscht die Realität weiter. Und was ist mit den Zuschauern, die bereits jetzt dem deutschen Fernsehen den Rücken kehren, nur noch DVD’s schauen und Serien streamen? Damit büßt die Quote gerade in der jüngeren Zielgruppe an Aussagekraft ein.
TV

Die Vorfahrt erhält das Höher-Schneller-Weiter-Prinzip. Es zählt einzig der Erfolg und dieser Erfolg wird gleich gesetzt mit quantitativen Kontakten. Quantität ohne Qualität. Mehr Anspruch hat die Erhebung nicht. Bei dem hohen Geldeinsatz, der im TV herrscht, sollte man meinen Qualität einzukaufen. Wer kann sich heute noch ausufernde Budgets leisten, in der Hoffnung irgend jemanden da draußen an der Mattscheibe zu erreichen? Wie sinnvoll sind die hingenommenen Streuverluste wirklich. Das widerspricht jedwedem Effizienz- und Effektivitätsdenken. Das Fernsehen wird nicht für den Zuschauer gemacht, sondern für den Umsatz. Der Umsatz mutiert zum alleinigen Maßstab, weil hohe Quoten hohe Werbegelder in die Kasse spülen. Quote, Quote, Quote. Inhalte zählen nicht, sind zu spitz und damit kein mengenfähiges Format. Der Zuschauer als Empfänger der Werbebotschaft bleibt aussen vor, was nicht im Sinne des Werbetreibenden sein kann. Das Programm muss auf den Zuschauer zugeschnitten sein. Das Ergebnis ist das derzeitige TV-Programm: Fernsehen verkommt zum Trash-TV. Uns wird der Alltag gezeigt wie Autoren diesen sehen und wie er sich am besten vermarkten lässt. Der Mensch hat eine voyeuristische Ader. Nichts gegen die gelegentliche, seichte Abschaltung vom Alltag, das geht in Ordnung und vielleicht deshalb die Quote bei einfachen Formaten rauf. Verlockend für den Programm-Direktor genau diese Formate auszubauen, das Qualitätsfernsehen zu vernachlässigen. Das sollen die öffentlich-rechtlichen Sender übernehmen. Schade, dass auch diese die Quote als Allheilmittel ansehen, trotz dem über Zwangsabgabe finanziertem Bildungsauftrag. Das Schlüsselloch-TV hat Konjunktur. Es schauen viele, aber als Geldgeber muss ich mir die Frage stellen, was es am Ende bringt. Wenn ich viele Leute erreiche, aber niemand mein Produkt kauft, dann stecke ich das Geld lieber in sinnvollere Investitionen. Es muss eine Return on Investment für mich heraus springen. Die Menge ist ein Faktor, die Qualität der gewichtende. Lieber weniger, passende Zuschauer erreicht, die am Ende zuschlagen. Dann stimmt die Rechnung. Die Suche nach dem heiligen TV-Gral ist nicht zu Ende. Medialeute, Werbungtreibenden und Fernsehsender sollten sich Winston Churchill´s Ausspruch vor Augen führen und das TV-Engagement entsprechend hinterfragen: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“ Oder anders ausgedrückt: Köpfchen eingeschaltet lassen und nicht alleine auf die Vermessung vertrauen! Das gilt auch für die Nutzung eines Navigationsgerätes. Ansonsten muss ich mir die Frage gefallen lassen, warum mein Lastwagen auf einer für LKW gesperrten Straße zwischen zwei Häuserwänden steckt. Das Navi hat’s gesagt. Die Quote war’s! Die Quote als alleiniger Erfolgsmesser ist ein Auslaufmodell.

One comment on ‘TV Einschaltquoten – die Suche nach dem heiligen Gral’

  1. Carsten sagt:

    Junge schlampen: AGF auf der Spur sinkender TV-Reichweiten via w&v, lol: http://www.wuv.de/medien/junge_schlampen_agf_auf_der_spur_sinkender_tv_reichweiten

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