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Öko ist sexy, die Werbung dazu nicht

by Carsten Kreilaus. Average Reading Time: about 5 minutes.

Öko und Umwelt sind sexy

Der Homo oeconomicus – der rein rational handelnde Mensch – ist lange begraben. Trotzdem argumentieren wir in der Sache Natur- und Umweltschutz rein sachlich. Ausführlich halten die bekannten NGOs und immer mehr Wirtschaftsunternehmen uns ihre Argumentationen  anhand der Fakten Pro-Umwelt vor. Wir müssen verstehen. Es ist ganz logisch. Ja, das ist es. Aber, es kommt bei uns nicht an. Die intrinsische Motivation zu Handeln bleibt aus. Greenpeace und Co. appellieren an unsere menschliche Vernunft und Einsicht. Das ist das Problem. Eine Erklärung warum das nicht funktioniert und wie die „grüne“ Kommunikation relevanter und resonanter gestaltbar ist.

Homo Faber muss mehr fühlen

Spätestens seit Homo Faber wissen wir, dass die Technik uns vom Leben und der Natur entfremdet. Schaut euch morgens im öffentlichen Nahverkehr um. Alle Welt betet das Smartphone an. Was im Alltag nützlich ist,die Welt einfacher und besser macht, wird falsch genutzt. Statt ein Miteinander erzeugt unser neuer, bester Freund ein Gefühl der Zugehörigkeit. In Wahrheit bedeutet es einen schleichenden Rückzug aus der menschlichen Interaktion namens Leben. Bei gemeinsamen Aktivitäten wird mit oder über das Smartphone kommuniziert. Dabei ist der Gegenüber für eine persönliche Kommunikation so nah. Unsere Technik-Gläubigkeit blendet die Tatsache aus, dass das Leben aus Zufällen, Unvorhersehbarem und Chaos besteht. Die Rationalität mit dem ständigen Drang alles erklären und in eine Ordnung bringen zu wollen, ist ein Schutzmechanismus gegenüber der eigenen Gefühlswelt. Die Emotionen unterscheiden uns Menschen von jeder künstlichen Intelligenz. Emotionen sind schlichtweg schwerer greifbar. Sie sind kaum erklärbar und doch gehören Sie zu uns, wie die Freude und das Leid der Welt. Was das mit der Umwelt-Kommunikation zu tun hat? In dieser Gefühlswelt liegt ein Indiz für das Kommunikationsdefizit der Umwelt-Branche.  Die Ratio funktioniert nicht ohne die Emotion. Die rein faktenorientierte Kommunikation mag informativ sein, sie ist erklärend und bringt die Tatsachen auf den Tisch. Sie erregt aber nicht unsere Aufmerksamkeit. Was vernünftig klingt, empfinden wir Menschen als langweilig. Auch der Ingenieur.

Negative Werbung ist auch nicht mehr das, was sie mal war

Apropos Aufmerksamkeit: Hungernde Kinder und Katastrophen-Bilder in der Werbung sind die Quintessenz dieser rationalen Argumentation. Die negative Aufmerksamkeit appelliert an unsere Vernunft. Schau hin! Ist das nicht schlimm? Da müssen wir etwas gegen unternehmen, das siehst du doch ein? Hilf‘ uns mit einer Spende, damit wir unseren Zweck erfüllen können. Diese Kommunikationsart ist ähnlich den gesetzlich vorgeschriebenen Bildern auf der Zigarettenschachtel. Im Fall der Zigaretten ekelig was da zu sehen ist. Aber hört deshalb jemand mit dem Rauchen auf? Nein. Der Mensch wird erfinderisch und Zigarettenhüllen erfahren ein Revival. In den Supermärkten werden Blenden eingeführt, damit der Anblick die Kundschaft nicht verschreckt. Ein weiteres Beispiel: Die Klima-Diskussion. Trägt die eine Partei Ihre Argumente für ein Gegensteuern vor, zaubert jemand anders offenbar widerlegende Fakten aus dem Hut. Alles nur halb so wild. Eine Pattsituation, die sich auf beliebige Diskussionen übertragen lässt. Der Mensch ist ein wahrer Verdrängungskünstler. Der kognitiven und kollektiven Dissonanz sei Dank. Wir sind durch das Internet abgestumpft, was die Bildwelt angeht, haben alles schon gesehen. Auch das ein Vermächtnis der Technik, durch die zunehmende Vernetzung. Die ökologischen und sozialen Botschaften sind wichtig. Trotzdem verpuffen die Appelle weitestgehend.

Was der Bauer nicht kennt

… frisst er nicht. Als Vernunftmensch tun wir uns schwer mit Dingen, die wir nicht kennen. Anders formuliert: Was uns selbst nicht (be)trifft, geht uns nichts an. Es bewegt uns nicht. Genauso verhält es sich mit den Öko-Themen. Zwar bedauern wir die Tatsache deren Existenz, wettern am Stammtisch darüber, aber handeln? Das ist wie die Tagesschau schauen und sich an der kommunizierten Tragik des Alltages selbst hochzuziehen. Gut, dass es im Fernsehen läuft und nicht vor unserer Haustür passiert. Wir sind Schein betroffen. Erst einschneidende Erlebnisse in unserem eigenen Leben lassen uns Veränderungen nicht nur herbeisehnen, sondern motivieren uns selbst aktiv zu werden.

Was lernen wir für die grüne – und auch soziale – Kommunikation daraus?

Kommunikation die bewegt, statt abschreckender Bilder, als Motto der ökologischen Werbung. Emotionen sind der Schlüssel zum Erfolg. Es heißt schließlich: Die Liebe zur Natur. Das ist Emotion pur. Die Fakten sind deswegen nicht wegzulassen. Sie bilden die Basis für die Kommunikationsstrategie. Sie müssen den Tatsachen entsprechen und nachvollziehbar sein. Aus ihr wird das Destillat – die Idee – gewonnen. Eine gute Kommunikation – egal für welches Thema – beginnt immer mit einer starken, relevanten Kommunikationsidee. Für die notwendige Aufmerksamkeit muss diese kreativ umgesetzt sein. Diese Erkenntnis ist nicht neu, wird aber bei der Umwelt-Kommunikation zu wenig beherzigt. Der Mensch ist ein Ästhet. Schöne Dinge gefallen und somit ist es kein Wunder, dass die „Müsli-Ecke“ außen vor bleibt. Öko muss sexy werden. Öko muss Geld verdienen. Öko muss Spaß machen, sich gut anfühlen und gut aussehen. Es braucht resonante Ideen, die uns emotional packen. Aber bitte positiv!

Die digitale Wirtschaft ist den Umweltaktivisten einen Schritt voraus. Die Disruption einer Branche basiert auf deren Idee sowie auf der Umsetzung wider aller vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten. Auch und gerade in deren Kommunikation, die oft polarisiert. Das gepaart mit einem betriebswirtschaftlich geführten Unternehmen, mit Machern und das Produkt kann Veränderungen herbeiführen. So ein AirBnB oder Tesla der Umweltbranche fehlt der Welt für die ökologische Disruption. Im Öko-Lager fehlen Unternehmer, die mit Produkten Geld verdienen, die Mensch und Umwelt respektieren und Tabus brechen. Menschen, die in der Wirtschaft ehrbar agieren und dennoch Gutes bewirken. Geld ist bei richtiger Verwendung nichts Verwerfliches. Im Gegenteil. Die Technik und das Geld können helfen die Welt besser zu machen. Dazu muss die Kommunikation besser werden, damit wir aus unserer Passivität aufwachen und gemeinsam eine Zukunft formen, die Verantwortung lebt. Sex sells. Das gilt auch für die ökologische Kommunikations-Philosophie, die den Menschen mit seinen Emotionen in den Mittelpunkt stellen sollte! Wenn Menschen in Bewegung gebracht werden, entsteht das Bessere, das Gute. Je besser das Instrument Umwelt-Kommunikation verstanden wird, desto besser das Gute.

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