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Der Wille zur Veränderung

by Carsten Kreilaus. Average Reading Time: about 4 minutes.

Mir fehlt nur noch eines im derzeitigen Abhör-Theater: Hollywood gibt die Verfilmung der PRISM-Triologie bekannt, in der Hauptrolle Edward Norton als Edward Snowden. Gar nicht so abwegig bei der Aufmerksamkeit, mit der dieser Skandal durch die Medienlandschaft geistert. Der Film könnte zum echten Blockbuster werden. Wer weiß, vielleicht laufen die Verhandlungen bereits. Das ist aber nicht mein Thema.
Der Wille zur Veränderung

Ich persönlich habe höchsten Respekt vor der Entschiedenheit von Snowden. Trotz der sicherlich bekannten Konsequenzen für sein eigenes Leben, hat er die Entschlossenheit aufgebracht die Machenschaften der NSA aufzudecken. Er hat sich damit gegen eine scheinbar unveränderbare Macht gestellt. David gegen Goliath. Vielleicht hat er seine Entscheidung in einer ruhigen Minute bereut, getan hat er es dennoch. Da gehört mehr als Mut zu und alleine dafür hat er unsere Unterstützung verdient. Umso erstaunlicher die schnelle Reaktion der Politik auf sein Gesuch um politisches Asyl. Welche Beweggründe verleitet die Regierung zur Ablehnung? Ist es Diplomatie, ist es die Angst vor dem Wilden Westen? In einer Partnerschaft ist gegenseitige Kritik erlaubt, abweichende Meinungen sollten respektiert werden und Gehör finden. Eine offene Kommunikation und Klartext sind die Basis für gegenseitiges Vertrauen. Pustekuchen und weit gefehlt. Hier wird in Cowboy Manier den Partnern einseitiges Interesse aufgedrückt. Die viel gepriesene Freiheit wird mit Füßen getreten. Das ist nicht die feine Art. Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit der Bevölkerung sich für das politische Asyl ausspricht, würde sie denn gefragt. Könnten wir schnell über einen virtuellen Buzzer herausfinden. Der Volksbuzzer als Schnittmenge der gesellschaftlichen Meinungen. Immerhin damit eine Trendbarometer fürs Zuhören. Schließlich bedeutet die Demokratie im wörtlichen Verständnis die Herrschaft des Volkes. Die Politik ist unser Sprachrohr und vertritt unsere Interessen. Ich wünsche mir ein klares Abwägen des Für und Wider. So beschleicht mich das Gefühl des Kuschens vor der USA. Im Wahljahr daher auch die Gegenreaktion der Opposition durchschaubar, die spricht sich natürlich für das Asyl aus und wettert gegen die Regierung. Ob das ernst gemeint oder reine Taktik ist? Da wundert sich noch jemand über die Politikverdrossenheit im Land. Hoffentlich sind andere Regierungen mutiger.

Die Beweggründe für das Abhören zur Terrorbekämpfung mag in den Augen der NSA gerechtfertigt sein. Ich verachte auch jeglichen Fanatismus und radikale Haltungen, die ihre Wirklichkeit mit Gewalt zu unser aller Wirklichkeit werden lassen wollen. Die verdachtsunabhängige Überwachung unser privaten Daten rechtfertigt dies aber nicht. Unsere Daten, unsere Hoheit. Ich bin mir auch bewusst, dass das Internet ein offenes Buch ist. Alles was wir schreiben, kann gelesen werden, erzeugt für die Leser ein Bild von uns. Die freiwillige Preisgabe ist allerdings immer unsere Entscheidung und sollte es bleiben. Unsere Privatsphäre ist zu respektieren. Da müssen wir alle und die Unternehmen im Umgang mit den Daten noch sehr viel lernen. Aber ähnlich unserem Haus oder Wohnung ist es tabu ungefragt einzutreten und dort herum zu schnüffeln. Ich entscheide, wem ich meine Haustür öffne und herein bitte. Ansonsten ist es ein Einbruch. Die gesammelten Daten mögen noch so harmlos erscheinen, in der Aggregation lässt sich unser zukünftiges Verhalten vorhersagen. Der USA geht es nicht um die Gegenwart, sondern um unsere Zukunft. Erinnert mich an den Spielfilm mit Tom Cruise „Minority Report„. Mittels Präkognition – der Fähigkeit, ein Ereignis oder einen Sachverhalt für die Zukunft vorherzusagen – sollen zukünftige Morde verhindert werden. Prism ist ein datenbasierter erster Schritt in die Richtung. Wenn wir selbst nicht mehr Herr unser Zukunft sind, dann ist unser freie Wille in Gefahr.

Der Willen eines einzigen hat ein Beben ausgelöst und etwas in Gang gesetzt. Die Mehrheit der Menschen gehört eher der Kategorie Besitzstandswahrer an. Uns fehlt es oft am notwendigen Willen. Eine beliebte Ausrede weiter zu machen wie bisher ist: Ein Einzelner richtet eh nichts aus! Die Zeit wird zeigen, ob sich tatsächlich durch seine Offenbarung etwas zum Besseren wenden wird oder die Demokratie weiter schleichend erodiert. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wenn wir alle Snowden zum Vorbild nehmen. Für mich ist seine Entschlossenheit ein Vorbild, wovon ich mir, wovon jeder sich eine gehörige Portion abschneiden sollte. Dieser geballte Willen zur Veränderung würde eine regelrechte Lawine notwendiger Veränderungen in Gang setzen. Wir sollten keineswegs vergessen, dass abseits des Abhörskandals viele dringende Probleme zu lösen sind: der Kampf gegen die globale Armut, den Hunger, die Umweltzerstörung, Krankheiten, Ausbeutung, Korruption, mangelnde Hygiene, Wirtschaftskrisen und vieles mehr verlangt eine ebenso große Entschiedenheit zum Handeln. Da stehen wir uns selbst im Wege. Der Mensch muss erst am Abgrund stehen, bevor er Veränderungen aktiv zulässt. Skandale, Krisen, Katastrophen sind Beschleuniger von Veränderungen. Veränderungen setzen die Entschiedenheit der schöpferische Zerstörung in Kraft, die wir aus eigener Kraft nicht aufbringen. Krisen und Skandale sind wichtig für unseren Fortschritt, sind Teil des Lebens. Snwoden ist der lebende Beweis, dass wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen können!

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